Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Glossar wichtiger Begriffe bei onkologischen Studien

Eine wichtig Voraussetzung zur Interpretation onkologischer Studien und Einordnung der Ergebnisse ist die Kenntnis der verwendeten Begriffe. Dieses alphabetische Glossar soll dabei eine einfache Hilfe im Alltag sein. Die Autoren freuen sich über die Meldung von Unklarheiten und nicht aufgeführten, ebenfalls relevanten Begriffen.

BegriffAbkürzungInhalt/ErklärungKommentar/Interpretation
95% Confidence Interval95% CIdas Ergebnis liegt mit 95% Wahrscheinlichkeit zwischen den bezeichneten Grenzenkleine Intervalle zeigen ein Resultat von hoher Präzision an; präzis heisst aber nicht korrekt
Clinical benefit RateCBRCR + PR + SD für länger als 6 Monatezeigt Anteil Patienten ohne PD an; häufig verwendet wenn SD gross ist und Patienten trotz sehr guter und langer Karnkheitskontrolle keine PR oder CR erreichen (können, zB bei osteoplastischen Skelettmetastasen)
Complete RemissionCRcomplete remission: Bildgebend und /oder laborchemisch ist der Tumor nicht mehr nachweisbar
Endpunkt was gemessen oder untersucht werden soll und wozu die Studie „designed“ wirdJede Studie hat einen "primary endpoint". Dieser beinhaltet den Messparameter der Hauptfragestellung der Studie. Diese Hauptfragestellung bestimmt wesentlich die Grösse und Aussagekraft der Studie und die korrekte Interpretation der Studienresulatate mit. Studien haben meist nur einen Hauptfragestellung für welche die "Studie designed" wird
Hazard RatioHRDer Effekt einer untersuchten Variable auf die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Ereignisses oder Risikos (z.B. bei Überlebensanalysen Tod als Erlebnis). Wahrscheinlichkeit zu jedem Zeitpunkt einer Beobachtungszeit dass das bezeichnete Ereignis (z.B. Tod bei OS) eintritt. Eine HR 0.75 für das Gesamtüberleben (OS) bedeutet z.B. dass die Wahrscheinlichkeit zu Sterben zu jedem Zeitpunkt 75% beträgt (dh. 25% tiefer ist als in der Vergleichsgruppe)die HR bei Überlebensanalysen ist häufig aufschlussreicher als die absoluten Überlebenszeiten da sie den Verlauf der Überlebenskurven berücksichtigt und nicht nur angibt nach welcher Zeit 50% der Betroffen verstorben bzw. noch am Leben sind (= medianes OS). Deswegen beliebte Information bei Klinikern zur interpretation von Studienergebnissen. Weniger "manipulationsanfällig" und informativer als "landmark" Analysen zB Überleben nach 2 Jahren oder die 5-Jahres-Überlebensrate
Incremental CostsICZusatzkosten um ein Ereignis (Endpunkt) zu verhindern
mean Durchschnittswert Berechnung: mean = (a 1 + a 2 + ... + a n) : nwird (im Gegensatz zum Median) stark von Ausreisser-Werten beeinflusst
median Entspricht der 50. Perzentile, dh. ist der Wert in einer Serie von Werten bei welchem 50% der übrigen Werte grösser und 50% der übrigen Werte kleiner istz.B. Medianes Überleben gibt an nach welcher Zeit 50% der Patienten verstorben ist (und die anderen 50% noch nicht)
Number Needed to TreatNNTgibt die Anzahl zu behandelnder Patienten an, um ein bestimmtes Ereignis (Endpunkt) zu verhindern. Berechnung: NNT = 100 : (absolute Differenz zwischen den Therapiearmen)je tiefer die NNT desto "wirksamer" die Behandlung (sehr beliebt und häufig verwendet für guidelines; gibt aber nicht an wann der Gewinn (zB Verhinderung eines Todesfalls) anfällt)
Objective Response RateORRSumme von CR und PR Ratenzeigt Anteil Patienten mit objektiver Tumorreduktion an siehe PR und CR: Ausmass für die maximales Wirksamkeit einer Intervention gegen die messbaren Krankheitsmanifestationen
Odds RatioORAssoziationsmass, bei dem zwei Odds miteinander verglichen werden (Quotenverhältnis), z.B. verwendet, um zu erfahren, wie stark ein vermuteter Risikofaktor mit einer bestimmten Erkrankung zusammenhängtsowohl bei Fall-Kontroll-Studien, als auch bei Querschnitt- und Interventionsstudien häufig verwendet: Eigentlich das Verhältnis von 2 verhältinssen ZB von 2 Risiken; oft verwechselt mit HR
Overall SurvivalOSGesamtüberleben, meist gemessen ab Eintritt des Patienten in die Studie (oder ab Randomisation) bis zum Tod (aus beliebigem Grund). Angegeben werden kann das mediane Überleben (nach welcher Zeit noch 50% der Patienten leben), welcher Anteil der Patienten nach einer bestimmten Zeit (z.B. 3 Monaten, 12 Monaten, 5 Jahre etc.) noch lebtwird meist als "härtester" (am wenigsten subjektiv beieinflussbarerer) Endpunkt angesehen, wird häufig von Zulassungsbehörden gefordert. Wenig aussagekräftig für Ausmass der Palliation bei fortgeschrittener Tumorkrankheit. Darum in palliativer Situation für Kliniker weniger bedeutend als andere Parameter (wie zB PFS oder TTF). OS = "Goldstandard" bei Beurteilung von Wirksamkeit adjuvanter Therapien
p-ValuepSignifikanz-Niveau eines Unterschieds, in etwa wie wahrscheinlich es ist dass das Ergebnis eines Vergleichs "zufällig" zustande gekommen istWichtigkeit bei Interpretation wird oft überschätzt, weil der P Wert nicht die Grösse des Unterschieds in einem Vergleich zB von 2 Medikamenten anzeigt, sondern ob der beobachtete Unterschied, sei er gross oder klein, zufällig sein könnte oder real ist.Statistisch signifikant heisst nicht eo ipso klinisch relevant
Partial rRemissionPRSumme der Durchmesser aller messbaren Tumormanifestationen hat um >30% abgenommen, Tumor ist aber noch nachweisbarmeist genügend für gute Palliation, da oft mit guter Symptomkontrolle einhergehend
Patient Reported OutcomePROvom Patienten selber erlebte Wirkung einer Therapie, z.B. Änderung von Kraft, Schmerzen, Atemnot, Appetit etc.Zunehmend als wichtig erachtet vor allem bei weit fortgeschrittenen Erkrankungen; nicht frei von Placebo Effekten
Progression Free SurvivalPFSmeist als die Zeitspanne zwischen dem Start einer klinischen Studie und dem Beginn der Progression der Erkrankung (dem Fortschreiten der Krankheit) oder dem Todesdatum des Patienten – was immer zuerst eintritt – definiertgutes Mass für die Wirksamkeit einer Therapie. Klinisch bedeutend als indirektes Mass für Palliation und Lebensqualität, weil man davon ausgeht, dass die Kontrolle der Tumorkrankheit die meisten Komplikationen vermindert oder beseitigt oder hinausschiebt zB Schmerzen, path. Fraktur, Hyperkalzämie, Anorexie usw. siehe auch TTF
Progressive DiseasePDSumme der Durchmesser aller messbaren Tumormanifestationen hat um >20% zugenommen, oder neue Tumorläsionen wurden festgestelltPD tritt nach CR,PR, SD oder im ungünstigsten Fall als beste Antwort auf eine Behandlung auf
Quality Adjusted Life YearQUALYeine Kennzahl für die Bewertung eines Lebensjahres in Relation zur Gesundheit (ein QALY von 1 bedeutet ein Jahr in voller Gesundheit)QUALY ist die Recheneinheit welche häufig gebraucht wird um den Nutzen von medizinischen Interventionen "umzurechen“, so dass der Nutzen verschiedener Interventionen miteinander besser verglichen werden kann. Dabei ist zu beachten, dass der Nutzen auf Grund eines Modells errechnet wird. Der "Abzug" beim Nutzen wegen nur Teilerfolg der Behandlung, Nebenwirkungen usw kann durch Patientenbefragung oder Experten festgelegt werden. Bei Leistungspflicht der obligatorischen Gesundheitsversicherungen wird QUALY häufig ein gesetzt: Wieviel darf ein Lebensjahr in voller Gesundheit kosten?
Quality of LifeQoLLebensqualität, gemessen mittels standardisierten Fragebögen, welche häufig krankheits- und interventionsspezifisch gestaltet sindLebensqualität lässt sich nicht (absolut) messen, Unterschiede von (Therapie-)Gruppen in der Lebensqualität hingegen schon. Darum meist nur sinnvoll in randomisierten, grossen Studien. Die Ergebnisse hängen stark von der Art der Befragung ab. Ungelöst ist das Problem der fehlenden Werte bei den Erhebungen und die Problematik, dass Patienten mit (zunehmend) schlechterer Lebensqualität die Befragungen weniger beantworten
Relatives RisikoRRdrückt aus, um welchen Faktor sich ein Risiko (beispielsweise für eine Erkrankung) in zwei Gruppen unterscheidet. Es wird also das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten für ein Ereignis/Merkmal dargestellt
Response rateRRgleich wie "objective response rate", ORR, vgl. dort
Risk ReductionRRum wieviel sich ein Risiko (z.B. zu sterben) verringert. Zu unterscheiden: Eine Abnahme eines Risikos von 8% auf 6% entspricht einer absoluten Risikoreduktion um 2% und einer relativen Risikoreduktion von 25%Relative RiskReduction ist ein guter Parameter um zu beurteilen was eine Intervention (zB Medikament) gegen die Krankheit bewirken kann. Sagt ausser bei sehr hohen Werten wenig über den Nutzen dieser Intervention aus. Der individuelle Nutzen für eine Einzelperson ist verständlicher durch die absolute Risikoreduktion gezeigt
Stable DiseseSDTumorausdehnung hat weder zugenommen (keine PD) noch abgenommen (keine CR oder PR)bei asymptomatischer oder oligosymptomatischer Krankheit ist SD ein guter Parameter für Krankheitskontrolle und damit oft auch für Palliation
Time To ProgressionTTFZeit bis zum Behandlungsversagen, sei es weil eine Therapie nicht mehr genügend wirkt (meist bis PD), sei es weil die Therapie nicht mehr gegeben werden kann wegen Toxizität, refusal, Co-morbidität oder TodTTF ist meist länger als PFS, weil es neben der fehlenden Wirkung auch alle anderen Gründe für Behandlungsversagen, haptsächlich nebenwirkungsbedingtes Behandlungsversagen erfasst. Gutes Mass für die Beurteilung des Nutzens der Behandlung weil harter und umfassender Endpunkt

Verfasst von:

  • Dr. A. Templeton, Onkologie Kantonsspital St. Gallen, Dr. med. Arnoud Templeton und Medical Advisor am Koordinationszentrum der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung SAKK in Bern.
  • Prof. B. Thürlimann, Brustzentrum Kantonsspital St. Gallen, Prof. Dr. med. Beat Thürlimann und Präsident SAKK, Bern

St. Gallen, 14. November 2011

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