Zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln gemäss Art. 71 a und b KVV sollen grundsätzlich Studien, die den untenstehenden Anforderungen genügen, herangezogen werden. Einzig bei seltenen Krankheiten, die im Kindesalter oder als Spätform im Erwachsenenalter in weniger als fünf Fällen pro 10‘000 Einwohner auftreten, kann davon abgewichen werden (siehe auch Kapitel stratifizierte oder personalisierte Medizin). Es sollten mindestens Zwischenergebnisse klinischer Studien vorliegen, die darauf hinweisen, dass ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten ist.
Die Nutzenbewertung von Arzneimitteln im Bereiche der Onko-Immunotherapie (v.a. Checkpoint-Inhibitoren) stösst heute noch auf grössere Probleme: Es sprechen weniger als 50% der Patienten auf die Therapie an. Zudem wird die Zweckmässigkeit durch Immunotoxizität (immune-related adverse events) mit gravierenden Auswirkungen eingeschränkt. Daten zu Langzeittoxizität fehlen. Die Langzeitansprechrate beim metastasierenden Melanom resp. dem nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom (NSCLC) liegt bei 10-20%. Es ist noch unbekannt, welche Erwachsenen mit Melanom, Lungen-, Kolorektal-, Ovarial-, Mamma- oder Pankreaskarzinom und welche Kinder mit Karzinomen auf die Checkpoint-Inhibitoren überhaupt und wie lange ansprechen. Es sollen für die Nutzenbewertung des OLU mit Onko-Immunotherapeutika mindestens öffentlich zugängliche Ergebnisse prospektiver klinischer Studien der Phase II vorliegen.
Um Wirksamkeit und Zweckmässigkeit des Einsatzes eines Arzneimittels im Einzelfall beurteilen zu können, muss ein Vergleich desselben mit dem Kollektiv der Personen, bei dem der Einsatz das Arzneimittel zugelassen ist, erfolgen können. Der Einzelfall muss im Prinzip diesem Kollektiv entsprechen. Dies bedingt eine umfassende vertrauenswürdige strukturierte öffentlich zugängige Information über Wirksamkeit und Zweckmässigkeit des Arzneimittels.
Bei OLU erfolgt der Einsatz des Arzneimittels ausserhalb der Fachinformation oder es liegt keine Fachinformation gemäss Art. 13 HMG und Anhang 4 AMZV vor. Es muss deshalb auf die umfassenden Originaldaten zu Wirksamkeit und Zweckmässigkeit, die während der Entwicklung des zu überprüfenden Arzneimittels gewonnen wurden, zugegriffen werden können.
Ein Arzneimittel kann als wirksam beurteilt werden, wenn dessen Wirkung dem Best Standard of Care statistisch signifikant (p< 0.05) überlegen ist. Doch dies alleine genügt nicht (NEJM 2016;375:971-9). Es müssen zusätzliche Fragen beantwortet werden zu Punkten wie:
Peer-reviewte bereits publizierte oder zur Publikation angenommene Arbeiten erfüllen im Allgemeinen diese Voraussetzungen, sofern sie die Originaldaten umfassen und gemäss internationalen Standards strukturiert sind. Dabei handelt es sich um Studien zum therapeutischen Einsatz eines Arzneimittels in einer grösseren definierten und selegierten Patientengruppe. Abstracts, Poster und mündliche Präsentationen inkl. Handouts enthalten ungenügend umfassende vertrauenswürdige strukturierte Information über Wirksamkeit und Zweckmässigkeit. Publikationen klinischer Studien der Phase II erlauben eine erste Beurteilung der Wirksamkeit und wegen des geringen Umfangs des Studienkollektivs höchstens eine beschränkte Beurteilung der Zweckmässigkeit.
Umfassend und möglichst vollständig dargestellt folgende Beurteilung ermög- lichend
Winterthur, 14.02.2017/Max Giger
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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