Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Obstruktive Schlafapnoe (OSA)

OSA ist die häufigste schlafassoziierte Atemstörung. Der Schweregrad wird durch den Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) definiert. Dieser bezeichnet die über die Aufzeichnungszeit gemittelte Anzahl an Apnoen und Hypopnoen pro Std. Als Apnoe gilt ein vollständig sistierter Atemfluss über mind. 10 Sek. Als Hypopnoe gilt ein verminderter Atemfluss mit einem dadurch bedingten Sauerstoffabfall (Desaturation). Die Einteilung des Schweregrades beruht auf dem AHI (5-15/h leichte, 15-30/h mittelschwere, > 30/h schwere OSA).

Von einem obstruktivem Schlafapnoesyndrom (OSAS) wird dann gesprochen, wenn Patienten aufgrund der Apnoen/Hypopnoen unter einem nicht erholsamen Schlaf mit vermehrter Tagesschläfrigkeit leiden.

Epidemiologie

Die Prävalenz der mittelschweren bis schweren OSA liegt bei der Schweizer Bevölkerung über 40 Jahren bei 23,4% bei Frauen und 49,7% bei Männern. Die Prävalenz des obstruktiven Schlafapnoesyndroms (AHI >5/h und vermehrte Tagesschläfrigkeit) liegt bei 12,5% bei Männern und 5,9% bei Frauen (Link Pubmed).

Diagnostik

Die Diagnose einer schlafassoziierten Atemstörung basiert auf einer respiratorischen Polygraphie bzw. Polysomnographie. Neben der Bestimmung des AHI werden weitere Parameter erhoben, um zwischen den verschiedenen Formen (obstruktive, zentrale, gemischte Schlafapnoe, nächtliche alveoläre Hypoventilation wie z. B. bei Adipositas oder neurodegenerativen Erkrankungen) zu unterscheiden bzw. andere Schlafstörungen nachzuweisen, die in der Differentialdiagnose einer vermehrten Tagesschläfrigkeit zur Diskussion stehen (z.B. Restless Legs, Periodic Limb Movement Disorder).

Komplikationen/Risiken

Patienten mit einer OSA können unter vermehrter Tagesschläfrigkeit und dadurch bedingter verminderter Lebensqualität leiden. Zudem besteht eine Assoziation mit kardiovaskulären Erkrankungen und einer reduzierten kognitiven Funktion (Link Pubmed). Das Risiko von Verkehrsunfällen ist deutlich erhöht. Patienten mit unbehandeltem schwerem OSAS (AHI >30/h) weisen ein 2-3 fach erhöhtes Mortalitätsrisiko auf (Link Pubmed).

Therapie

CPAP (continuous positive airway pressure)

Neben life style Veränderungen (v.a. Gewichtsabnahme, Reduktion Alkoholkonsum) ist die nächtliche Überdrucktherapie im Form von CPAP die Therapie der Wahl bei OSA und OSAS. Durch den dabei applizierten Überdruck wird der Kollaps der oberen Atemwege (v. a. im Pharynx) verhindert. In den meisten Fällen können die obstruktiven Apnoen unter CPAP eliminiert und der AHI auf Normalwerte (<5/h) reduziert werden. Daneben liegen Daten vor, die zeigen, dass eine effektive CPAP-Therapie eine Reduktion der Tagesschläfrigkeit, des Blutdrucks, des Unfallrisikos sowie eine Verbesserung der Lebensqualität bewirkt. Es fehlen bislang prospektive randomisierte Interventionsstudien, die eine Reduktion des Mortalitätsrisikos unter CPAP nachweisen (Link Pubmed). Für eine Korrektur der vermehrten Tagesschläfrigkeit und der kardiovaskulären Risikoparameter ist üblicherweise ein CPAP-Gebrauch über >4h an >80% der Tage notwendig. Etwa 30% der mit CPAP behandelten Patienten weisen eine ungenügende Therapie-Adhärenz auf. Falls nach einigen Wochen CPAP keine genügende Anwendungsdauer erreicht wird, vermögen auch weitere Interventionen diese nicht mehr zu verbessern (Link Pubmed). CPAP PL (MiGel 16.11).

Mandibular advancement device (MAD) / Unterkiefer-Protrusionsorthese

MAD sind eine etablierte Therapieoption in der Behandlung einer OSA v. a. bei Patienten mit Intoleranz gegenüber CPAP. Es handelt sich um eine Kieferschiene, die zum Schlaf an den Zahnkämmen befestigt wird. Die dadurch bewirkte Protrusion des Unterkiefers führt zu einer Zunahme des Querschnitts der oberen Atemwege. MAD reduziert AHI, Tagesschläfrigkeit und Weckreaktionen (Arousals) und verbessert die mittlere Sauerstoffsättigung sowie die Lebensqualität (Link Pubmed). Zudem senkt eine MAD den Blutdruck signifikant und in ähnlichem Ausmass wie die CPAP (Link Pubmed). Der Effekt einer MAD auf den AHI ist aber nicht so gut wie CPAP.

Es sollen nur MAD angewendet werden, die individuell durch einen Zahnarzt / Kieferorthopäden angepasst wurden und deren Effektivität in prospektiven Studien validiert wurde. Der Effekt einer Therapie mit einer MAD muss in einer therapeutischen Schlafstudie (resp. Polygraphie oder Polysomnographie) evaluiert und die MAD allenfalls adjustiert werden. Apparaturen, welche nur die Position des weichen Gaumens oder der Uvula verändern, konnten keine zuverlässige Effektivität zeigen, das gleiche gilt auch für Apparaturen zur Verbesserung der Nasenatmung.

MAD ist PL (MiGel Position 23.26.01.00.1) bei Versagen / fehlender Toleranz einer CPAP-Therapie dar. Die Kosten einer MAD inkl. Anpassung von ca. CHF 2’000 überschreiten die Vergütung von CHF 500 gemäss MiGel.

Schlafpositionstherapie / Positional Therapy (PT)

Das Auftreten obstruktiver Apnoen wird durch Schlaf in Rückenlage begünstigt, dies v.a. bei nicht stark übergewichtigen Personen und bei nur leichtem bis mittelschwerem OSAS. Ein OSAS mit Apnoen / Hypopnoen vorwiegend in Rückenlage wird als Positionsabhängiges obstruktives Schlafapnoesyndrom (POSAS) bezeichnet. Die am häufigsten angewandte Definition ist das Vorliegen von mindestens doppelt so vielen Apnoen in Rücken- als in Nicht-Rückenlage, allenfalls zusammen mit einem AHI in Nicht-Rückenlage von <5/h. Eine effektive Therapie eines POSAS ist die Tennisballmethode. Die Therapieadhärenz über längere Zeit ist aber sehr schlecht. Eine Therapiealternative eine ist ein sog. Sleep Position Trainer (SPT), der den Pat. bei Rückenlage mit einer zunehmenden Vibration weckt, bis er seine Position ändert. Die Effektivität einer PT mit einem SPT ist mit mehreren prospektiven Studien belegt, die eine Reduktion des AHI, eine Verbesserung der Vigilanz tagsüber und der Lebensqualität belegen (Link JAHA). Die Adhärenz der PT mit einem SPT ist besser als diejenige mit der Tennisballmethode (Link NCBI). Eine Möglichkeit ist auch eine Kombination eines SPT mit einer MAD bei ungenügender Wirkung der letzteren (Link NCBI).

Eine Überprüfung des Effektes der PT mit dem SPT mit einer nochmaligen Schlafstudie (resp. Polygraphie oder Polysomnographie) ist indiziert.

SPT ist NPL. Die Kosten betragen aktuell CHF 750.

Didgeridoo-Therapie

Bei leichtem bis mittelschwerem OSAS kann die Trainingstherapie mit einem Didgeridoo versucht werden (Link Pubmed). Der Wirkmechanismus ist eine Stärkung und Koordinationsverbesserung im Bereich der Pharynxmuskulatur. Die Therapie erfordert das Absolvieren eines Grundkurses und nachfolgend ein anfängliches Üben während 30 Min./Tag an 5 Tg/Wo. Die Effektivität der Intervention ist abhängig von der Übungsadhärenz. Eine Überprüfung des Effektes mit einer nochmaligen Schlafstudie (resp. Polygraphie oder Polysomnographie) ist nötig.

Die Didgeridoo-Therapie ist NPL. Kosten für Gruppenkurs und Plexiglas-Didgeridoo: aktuell ca. CHF 600 (ASATE Medical Didge)

Upper Airway Stimulation (UAS) / Nervus Hypoglossus Stimulation („Zungenschrittmacher“)

Eine UAS mit einem implantierten, tagsüber abschaltbaren Neurostimulator (Inspire Medical Systems Inc) stellt eine weitere gut validierte Therapie eines mittelschweren bis schweren OSAS bei CPAP-Intoleranz und Unmöglichkeit der Therapie mit einer MAD dar. Dabei werden eine Sensorelektrode zwischen die Intercostalmusklatur, eine Stimualtionselektrode an den medialen Ast des Nervus Hypoglossus rechts angelegt und der Schrittmacher infraklavikulär im Subkutangewebe platziert.

Voraussetzungen für eine UAS sind ein BMI ≤ 35 und der Ausschluss eines konzentrischen pharyngealen Kollapses der oberen Luftwege (Evaluation mittels Schlafendoskopie). Die Effektivität der Therapie wurde bezüglich Reduktion des AHI, Abnahme der Tagesschläfrigkeit und Verbesserung der schlafbezogenen Lebensqualität im Kurz- wie Langzeitverlauf über 12 bis 60 Monate validiert. Etwa 75% der Probanden waren Responder auf die UAS. Der Effekt bleibt auch nach 5 Jahren erhalten bei guter Therapieadhärenz u. geringer Komplikationsrate (Link SAGE), (Link NCBI). Der Effekt auf den AHI ist bei Reduktion auf ca. 40% des Ausgangswertes geringer als mit CPAP. Eine Überprüfung der Wirksamkeit der UAS und allenfalls Nachjustierung der Schrittmachereinstellung mit einer nochmaligen Schlafstudie (resp. Polygraphie oder Polysomnographie) ist angezeigt.

UAS ist NPL. Die Kosten sind beträchtlich und vorgängig zu evaluieren.

April 2019
Dr. med. Thomas Hess

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

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