Bei benignen und malignen hämatologischen Erkrankungen wird der Vertrauensarzt mit Fragen zur komplexen Diagnostik, zur Immun- und Chemotherapie, die oft im off-label-use erfolgen, sowie zu Supportivtherapien konfrontiert.
Die Hämatologie umfasst die allgemeine Hämatologie, die Tumoren des hämatopoietischen Systems (Hämato-Onkologie), die Gerinnungsmedizin sowie die Transfusionsmedizin. Diagnostik und Therapie basieren auf Richtlinien wie:
Diese Komplexdiagnostik ist Grundlage für alle Therapieentscheidungen.
(adaptiert von Onkopedia Leitlinien hämatologische Diagnostik, Stand Mai 2018):
Ganzkörper-CT, Ganzkörper-MRI, PET-CT.
Prognostisch relevante Faktoren (z.B. TP53) und therapeutische targets (z.B. Oberflächenantigene (CD-Antigene), FLT3, IDH1/2) können im Verlauf einer Krankheit erworben werden, verloren gehen oder es können sich Resistenzen entwickeln (z.B. BCR-ABL-Mutationen unter Therapie mit Tyrosinkinase-Hemmern). Darum muss die Komplexdiagnostik bei ungenügendem oder fehlendem Therapieansprechen und bei Rezidiven wiederholt werden.
Insbesondere die molekulare Diagnostik und die Immunphänotypisiserung liefern wichtige Informationen zum Therapieansprechen und zur Remissionstiefe nach Behandlungsbeginn.
Der Nachweis von MRD ist sowohl bei heilbaren wie auch bei nicht heilbaren Krankheiten von prognostischer Bedeutung (gibt Anhalt über die zu erwartende Remissionsdauer). Dabei werden Reverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion, Durchflusszytometrie oder Next Generation Sequencing (NGS) eingesetzt. Die sinnvolle Methodik und Häufigkeit der Wiederholung dieser Untersuchungen ist Krankheits- und Krankheitsstadien-bedingt unterschiedlich und richtet sich nach publizierten Richtlinien, die häufig Konsensus-Empfehlungen entsprechen (Pubmed, Pubmed).
Indiziert bei nachgewiesener Eisenüberladung (erhöhte Transferrinsättigung, Serum-Ferritin) oder bei positiver Familienanamnese. Die Testung erfolgt im letzteren Fall idealerweise im jungen Erwachsenenalter (18-30J.), ausser es liegt eine juvenile Hämochromatose vor (klinische Manifestation vor dem 30.Lebensjahr oder positive Familienanamnese für juvenile Hämochromatose).
Die ECP-Behandlung (Anhang 1 KLV) wird bei kutanen T-Zell Lymphomen und GvHD (Graft-versus-Host-Disease) eingesetzt und besteht aus einer Apherese (Blut wird in einem Zellseparator mittels Zentrifugation in einzelne Bestandteile aufgetrennt) von Lympho- und Monozyten, die zu einem sogenannten buffy coat konzentriert und danach mit Uvadex® (Methoxsalen, photo-sensibilisierende Substanz) versehen und UVA-bestrahlt werden (Pubmed). Durch die Bestrahlung wird die Funktion der Leukozyten modifiziert/reduziert. Die Photosensibilisierung mit Uvadex® und die nachfolgende UVA-Bestrahlung sind zentraler Bestandteil der Behandlung. Unmittelbar nach Abschluss der UVA-Exposition wird Uvadex grösstenteils wieder aus dem Apheresat entfernt und die Zellen werden den Patienten reinfundiert. Die ganze Behandlung ist ein kontinuierliches Verfahren, das mehrere Stunden dauert. Da es sich um einen extrakorporalen Kreislauf handelt, ist über die Dauer des Verfahrens zudem eine systemische Antikoagulation mit Heparin oder Citrat notwendig. Bei einer Antikoagulation mit Heparin wird dieses, abhängig vom Blutungsrisiko, mittels Protamin nach Abschluss der ECP antagonisiert.
Die Blutstammzelltransplantation (SZT) wird zur Behandlung verschiedener maligner und nicht-maligner Erkrankungen angewendet. Es werden dem Patienten eigene (autolog) oder von (z.T. verwandten) Spendern (allogen) Blutstammzellen übertragen.
Die akute GvHD weist Ähnlichkeit zu entzündlichen Krankheiten (z.B. Lyell-Syndrom, M. Crohn), die chronische GvHD zu chronischen Autoimmunkrankheiten auf (z.B. primär biliäre Cholangitis, systemischen Sklerose, Sjögren Syndrom).
Die meisten zur Immunsuppression eingesetzten Arzneimittel sind nicht für SZT zugelassen (OLU). Deren Einsatz rechtfertigt sich, da sie integraler Bestandteil eines definierten Therapieprotokolls sind, dessen Wirksamkeit und Zweckmässigkeit durch langjährige Anwendung in klinischen Studien und Analysen von outcome registries belegt sind.
Prävention der GvHD: Calcineurin- (Cyclosporin A, Tacrolimus) oder mTOR-Inhibitoren (Sirolimus, Everolimus), die zu Beginn bei vielen Transplantationsprotokollen mit Mycophenolat kombiniert werden. Für die längerfristige Immunsuppression bei steroidrefraktärer oder steroidabhängiger akuter und chronischer GvHD ist die Datenlage weniger solide. Die Wahl der Arzneimittel richtet sich nach dem Muster der betroffenen Organe und vorhandenen Komorbiditäten (Pubmed). Aktuell laufen randomisierte Therapiestudien, sodass sich die Evidenzlage in absehbarer Zeit deutlich verbessern wird. Die posttransplantäre Nachsorge erfolgt analog den internationalen Empfehlungen (Pubmed, Pubmed).
Zahnärztliche Untersuchungen und Behandlungen, die in kausalem Zusammenhang mit der Behandlung der Grunderkrankung stehen, sind PL (Art. 17, 18a et d, 19 c et d KLV). Die Beurteilung der LP soll durch einen Zahnarzt (LINK Zahnmedizin) mit Erfahrung in der Nachsorge nach SZT in Zusammenarbeit mit dem Transplantationszentrum erfolgen.
Der Einsatz physio- und sporttherapeutischer Massnahmen rechtfertigt sich aus der Analogie zu pulmonalen Rehabilitationsprogrammen (insbesondere bei Patienten mit pulmonaler GvHD) sowie bei Patienten mit sklerodermiformer GvHD der Haut und Unterhaut sowie Fasziitis analog der Behandlung von Patienten mit Systemischer Sklerose, da es sich hier um klinisch gleichartige Beschwerden handelt. Ziel ist die Vermeidung fortschreitender Kontrakturen, Immobilisierung (Gelenke der Extremitäten, Beeinträchtigung der Atemmechanik durch fehlende Expansionsmöglichkeit des Abdomens bei Sklerose und Fixierung des Thorax mit trapped lung) und Invalidisierung. Obligates Asssessment vor und unter Therapie (LINK Rehabiliation). Wichtig ist die Fortsetzung der Behandlung (Physiotherapie und Heimselbsttraining), um eine erneute Progredienz der Einschränkungen zu vermeiden Pubmed. Sport- und Physiotherapie spielen zudem eine wichtige Rolle zur Förderung der Propriozeption, intramuskulären Kontrolle und posturalen Stabilität bei begleitender Polyneuropathie. Die Empfehlungen stützen sich hier auf die Evidenz zur diabetischen und chronisch-entzündlichen Polyneuropathie.
Die klinische Relevanz des Eisenmangels ohne Anämie ist immer noch nicht abschliessend definiert. Allerdings weisen immer mehr Daten darauf hin, dass ein Eisenmangel auch ohne Anämie zu Müdigkeit und verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit führen kann. Basierend auf der aktuellen Datenlage wurden 2019 von Schweizer Experten im Rahmen eines Delphiprozesses Empfehlungen zu Diagnose und Therapie bei Eisenmangel erarbeitet (Pubmed).
November 2019
PD Dr. J. Halter
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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