Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Zusammenarbeit zwischen behandelnden Ärzten, Versicherern und Arbeitgebern

Es ist klar, dass behandelnder Arzt, Versicherer und Arbeitgeber den Patienten unterschiedlich wahrnehmen. Ohne angemessenen, loyalen und auf Vertrauen basierenden Austausch der Beteiligten wird es in komplizierten Fällen von Arbeitsunfähigkeit kaum zu einer befriedigenden Lösung kommen können.

Man muss zwangsläufig erkennen, dass das Arztzeugnis manchmal zu wenig ausführlich ist, um eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit zu rechtfertigen. Da ist es für den Versicherungsarzt wichtig, so früh wie möglich die nötigen Angaben zu erhalten, um die Berechtigung für eine Arbeitsunfähigkeit erkennen zu können. Dies wird es ihm auch ermöglichen, geeignete Massnahmen , seien diese in therapeutischer, beruflicher oder sogar sozialer Art, vorzuschlagen. Ein frühzeitiges Erkennen im Sinne von «Case Management», das den Beteiligten schnell und ganzheitlich die Situation des Patienten erkennen lässt, ist ausschlaggebend, um die Chancen einer Wiederaufnahme der Arbeit zu begünstigen. Damit vermeidet man, dass die Situation an einem Punkt angelangt, an dem es kein Zurück mehr gibt.

Praktische Modalitäten zur Überwachung länger andauernder AUF

Um komplexe Fälle frühzeitig zu erkennen und adäquat damit umzugehen, wird in einem "proaktiven" Sinn folgender Plan bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit empfohlen. Dieses Vorgehen sollte bei allen Erkrankungen auf identische Weise angewandt werden, da wir wissen, dass die betroffenen Personen den gleichen sozialen und versicherungstechnischen Gegebenheiten unterworfen sind.

  1. Bei 2 Wochen dauernder Arbeitsunfähigkeit aus akuten Gründen oder bei einem Rezidiv sollte durch die Versicherung ein kurzes Arztzeugnis mit Angabe der Diagnose zuhanden des Versicherungsarztes verlangt werden.
  2. Nach 1 Monat Arbeitsunfähigkeit soll durch die Versicherung oder evtl. durch den Arbeitgeber ein erster Bericht vom behandelnden Arzt verlangt werden, der die Diagnose/n und die Prognose für die Wiederaufnahme der Arbeit beinhaltet. Dieser Bericht soll helfen, das Risiko einer chronischen Entwicklung abzuschätzen, evtl. weitergehende diagnostische und therapeutische Massnahmen zu empfehlen und die spätere Überwachungsmodalität zu erstellen.
  3. Der Arzt oder die Ärztin sind seit 2008 berechtigt, nach vorgängiger Information des Patienten dieser bei der Invalidenversicherung (IV) zur Früherfassung zu melden. Das ist eine Vorstufe zur eigentlichen Anmeldung bei der IV und veranlasst die IV, unbürokratisch geeignete Massnahmen zuzusprechen.
  4. Nach 3 Monaten Arbeitsunfähigkeit muss eine genaue Bilanz der Situation gemacht werden, indem folgende Fragen beantwortet werden:
    • Gesundheitliche Beeinträchtigung/en und Risiko andauernder Restbeschwerden
    • Durchgeführte therapeutische Massnahmen und momentane Behandlung
    • Funktionelle Einschränkungen und deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf
    • Ist bei der Erkrankung ein psychiatrischer Aspekt vorhanden?
    • Psychosoziale Stressfaktoren?
    • Verbleibende Arbeitsfähigkeit im aktuellen Beruf und Möglichkeit einer Umschulung aus medizinischer Sicht
    • Günstige oder ungünstige Kontextfaktoren

Die enge Zusammenarbeit zwischen behandelndem Arzt, Betriebsarzt und/oder dem Arbeitgeber ist unerlässlich, um die oben erwähnten Angaben zu erhalten und genauer beschreiben zu können. Siehe auch Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit - anspruchsvoller Routinevorgang, KD Dr. med. MAS MHC Markus Baumgartner und Prof. Dr. jur. Roger Rudolph, SÄZ, Ausgabe 2018/5152.

Auch wird eine Untersuchung durch den Versicherungsarzt empfohlen, damit der Patient sich im Klaren ist, was seitens der Versicherung zu erwarten ist. Zu diesem Zeitpunkt entscheidet der Versicherungsarzt über allfällige weitergehende Untersuchungen, gegebenenfalls über ein Gutachten.

Falls sich schliesslich eine Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit als unmöglich herausgestellt, ist es unerlässlich, den Patienten aufzufordern, sich bei der IV zwecks Umschulung anzumelden. Anders als bei der IV-Rente besteht bezüglich Umschulung durch die IV keine Karenzzeit, um an den beruflichen Wiedereingliederungsmassnahmen teilhaben zu können. Diese werden gewährt, sobald aus medizinischer Sicht eine Indikation dafür besteht.

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